Demokratie heißt, sich in seine eigenen Angelegenheiten einzumischen

– Max Frisch –

Bürgermeister und Rat haben es bis heute versäumt, eine Wohnraumbedarfsanalyse zu erstellen, um zu erheben, wieviel Wohnraum tatsächlich notwendig ist.
Es ist in einer solchen Analyse festzustellen in welcher Anzahl, Größe und zu welchem Preis aktuell überhaupt Bedarf besteht, welche Lösungen realistisch angestrebt werden können.
Auch Flächen, welche bisher nie zur Diskussion standen, aber teilweise ohne Funktion sind, sollten bei der Analyse und Lösung in Betracht gezogen werden. (westlicher Kurpark, östlicher Friederikenweg, Gebiet zwischen Up den Dünen und ehemaligem Minigolfplatz, Flächen nördlich der Richelwiesen)

Diese Analyse hätte logischerweise vor den Festsetzungen eines B-Plans gemacht werden müssen. Denn viele Fragen bleiben so offen:
Was geschieht beispielsweise mit Dauerwohnraum der nicht vermietet werden kann aus diversen Gründen?
Muss dieser Wohnraum dann zwangsweise leer stehen, oder darf er dann doch an Gäste vermietet werden, um zur wichtigen Wertschöpfung auf der Insel beizutragen?
Nahezu alle Objekte, welche als Dauerwohnung verpflichtet werden sollen, bieten keine Instrumente zur separaten Erfassung der Nebenkosten.(Heizung, Strom, Wasser). Wie soll das funktionieren?
Es gibt Eigentümer, die möchten in Ihrem eigenen Haus einfach keinen Dauermieter über sich, unter sich, oder neben sich wohnen haben. Dafür gibt es möglicherweise auch verständliche Gründe. Möchte man diese Eigentümer zwingen, eine solche Situation zu ertragen?
Erfahrungsgemäß gibt es ein hohes Konfliktpotential (Lärm, Lebensgewohnheiten) bei Häusern, in denen sowohl Festmieter als auch erholungssuchende Gäste nebeneinander wohnen. Mieterrechte sind sehr hoch, und die Ansprüche der Gäste auch. Wie soll das konfliktfrei funktionieren?

Spiekeroog hat strukturbedingt, saisonal einen höchst unterschiedlichen Bedarf an Wohnraum. Viele Beschäftigte arbeiten nur zwischen 3 und 8 Monate auf der Insel.
Ein großer Anteil dieser Saisonbeschäftigten kommt aus dem Ausland, und hat kein Interesse, einen unbefristeten Mietvertrag über die Dauer der Beschäftigung hinaus einzugehen.

Dieser saisonale Wohnraumbedarf wird fast ausschlieslich über betrieblich subventionierte Mieten der Arbeitgeber gedeckt.

Die Kosten für die Erstellung oder die energetische Sanierung von Wohnraum liegen auf der Insel sehr hoch.
Laut Aussage von 2 unabhängigen Bauplanern, lagen die Kosten 2023 bei ca. 4000.- bis 5000.- Euro pro Quadratmeter.

Durch Finanzierungskosten (3 % Zins), Abschreibung (2% jährlich), Inflationsausgleich (3 % jährlich), sowie einen unternehmerischen Gewinn und Risikoaufschlag (3-4 % jährlich) ergibt sich rechnerisch eine Mindestkaltmiete von 30-40 Euro pro Quadratmeter.

Hier wurde konservativ gerechnet, und die Kosten für den Kauf eines Grundstücks noch nicht berücksichtigt.

Tatsächlich haben diese hohen Kosten 2023 dazu geführt, dass ein geplantes kommunales Bauprojekt zur Erstellung von Wohnraum, durch den Bürgermeister nicht realisiert wurde, da die daraus resultierenden Mieten (28.- Euro)  am Markt nicht erzielt werden könnten.

Nun stellt sich die Frage, wie sollen private Anbieter eine marktgerechte Miete realisieren können, wenn es die Kommune selbst nicht schafft?

Der Rat und der Bürgermeister schlagen für Spiekeroog eine ortsübliche Miete zwischen 10.50 Euro und 15.- Euro vor.
Das klingt absurd und unrealistisch bei Baupreisen die 80-100% über festlandsüblichen Preisen liegen.

Das Land Niedersachsen bietet der Gemeinde als Lösung mögliche Bauflächen an, deren Erpachtzins von 5.- Euro pro Quadratmeter sehr günstig ist.
Warum diese Option nicht wahrgenommen wird, ist unverständlich.

Die Gemeinde Spiekeroog hat mindestens 6 Grundstücke in bester Lage im Eigentum, die seit vielen Jahrzehnten ungenutzt brach liegen. Diese Grundstücke hätten auf Erbpachtbasis vergeben werden können, um Gewerbebetriebe und Dauerwohnraum zu schaffen.

Durch die Erbpacht hätte die Gemeinde dauerhaft, bereits seit vielen Jahren, Einnahmen erzielen können, Gewerbesteuer vereinnahmen können, und über Wohnraum für Erstwohnsitze zusätzliche Steuereinnahmen schaffen können.
Die Verwaltung und der Rat hätten nachhaltig  zur Entspannung der Wohnsituation beitragen können.

Warum dies bisher nicht geschehen ist, ist völlig unverständlich.

Auch dies ist eine Form von „Zweckentfremdung“ von Grundstücken. Denn Baugrundstücke sollten dann auch bebaut werden, wenn es zweckdienlich ist, und es die Situation erfordert.

Eine Verwaltung (Bürgermeister & Rat), die über einen neuen Bebauungsplan hohe Forderungen an die Bevölkerung stellt, sollte selbst nicht konträr handeln,
und Grundstücke einfach zurückhalten (spekulativ oder aus sonstigen Gründen). Dadurch wirkt sie unglaubwürdig und handelt nicht im Interesse der Gemeinschaft.
Diese Grundstücke gehören im übertragenen Sinne der Bevölkerung und sollten auch der Bevölkerung dienen.

Bedauerlicherweise wurde am 22.03.2024 die Zweckentfremdungssatzung beschlossen.

Die Zweckentfremdungssatzung bedeutet einen tiefen Einschnitt in das Eigentumsrecht für Immobilienbesitzer auf der Insel Spiekeroog,
und wird das gesellschaftliche Klima auf der Insel vermutlich nachhaltig negativ verändern.
In anderen Regionen hat eine solche Satzung zu gegenseitiger Denunziation geführt, es wurden spezielle Seiten der Kommune eingerichtet,
auf der Bürger andere Bürger an die Kommune melden können, um eine vermeintliche Zweckentfremdung zu melden, damit diese geahndet wird.

Da eine solch einschneidende Satzung nicht in namentlicher Abstimmung erfolgte, was eigentlich unabdingbar sein sollte,
wird hier das Abstimmungsverhalten noch einmal transparent wiedergegeben:

Für die Einführung der Zweckentfremdungssatzung am 22.03.2024 stimmten folgende Mandatsträger:

  • Bürgermeister Patrick Kösters
  • Ratsvorsitzende Inge Redelfs
  • Friederike Goedecke
  • Juliane Bellstedt
  • Oliver Breuer

Gegen die Einführung stimmten:

  • Lars Baumfalk
  • Jochen Bellstedt

Stimmenthaltung:

  • Hilmar Schreiber

Abwesend:

  • Christiane Andreesen-Ahsendorf

Das Thema wird noch bearbeitet.

Weitere Hintergründe und Denkanstöße zu relevanten Themen folgen.

Wer weitergehende Fragen oder Lösungen zu den Themen hier hat, dem empfehle ich auch Kontakt zu den Mandatsträgern und zum Bürgermeister aufzunehmen.
Alle Genannten haben ein Wahlversprechen gegeben und sind für die Bevölkerung ansprechbar:

Mandatsträger

Bürgermeister

„Der Nachteil der Demokratie ist, daß sie denjenigen, die es ehrlich mit ihr meinen, die Hände bindet.
Aber denen, die es nicht ehrlich meinen, ermöglicht sie fast alles.“
– Václav Havel –